Frankfurter
Rundschau
Störsignale aus dem
Wohnzimmer
In den "Deutsch-Türkischen
Berlin-Spiegel für alle, die toleranter sein wollen"
sehen nicht alle Hauptstädter gerne
Von Susanne
Balthasar
Ein Fernsehsender,
ausgerechnet dort ? Die Straße, deren Name aus Sicherheitsgründen
ungenannt bleiben soll, haben Abgase grau eingeschmiert. Etwas
Farbe bringt nur der Sexshop. Gemüseladen und Bäckerei
gingen längst Pleite, ließen leere Schaufenster zurück.
Obwohl Bestlage Berlin-Mitte, hat die Wirtschaft die Straße
nicht wie andere wachgeküsst. Der Boom ist vorbeigehypt;
dorthin, wo die großen Fernsehsender ihre spiegelverglasten
Haupstadtstudios bauten. Das ist in der neuen Welt. In einem
Hinterhof der alten Welt liegt Aypa TV. Für Claudia Dantschke
ist es der kleinste Fernsehsender der Welt. Auch für andere:
"Das hat uns sogar das Guinness-Buch bestätigt",
sagt die Mitarbeiterin, die nur einen Kollegen hat:
Chefredakteur Ali Yildirim.
Die stellvertretende
Chefredakteurin Dantschke zeigt das Produktionsstudio des
deutsch-türkischen Senders: Couch, Schreibtisch, Bücherregal,
ein Fernseher. Ton- und Bildmischer sind in ihrem Wohnzimmer
unter ein Regal geräumt, die Technik wird bei Bedarf
ausgepackt. "Zehn bis 15 Minuten, dann haben wir hier
einen Schnittplatz", sagt Dantschke. Fertig. Ein Studio ?
Kein Bedarf, gedreht wird draußen: "Ganz Berlin ist
unser Studio."
Derzeit hat Aypa TV
Sommerpause. Eine gute Gelegenheit für Chef Yildirim, sich um
Gerichtstermine zu kümmern. Davon gibt es einige. Aktuell
streitet vor dem Berliner Landgericht das Kolleg der
Islamische Föderation gegen Ali Yildirim - ein Riese gegen
einen Zwerg. Insgesamt zwölf Unterlassungsklagen, einige mit
folgendem Prozess, haben sich Aypa TV und sein Chefredakteur
eingehandelt. Dantschke und Yildirim erklären das mit dem
investigativen Journalismus, den sie sich zum Ziel gesetzt
haben: Die einzige Sendung im Programm heißt ebenso
ambitioniert wie umständlich "Deutsch-Türkischer
Berlin-Spiegel für alle, die toleranter sein wollen".
An Toleranz denken
freilich nicht alle, wenn es um den Mini-Sender geht. Mit der
Islamischen Föderation liegt Aypa TV schon lange im Clinch.
Die Organisation darf seit 1998 in Berlin islamischen
Religionsunterricht geben. Yildirim und Dantschke sagen, sie hätten
Belege dafür gesammelt, dass die Föderation eine lokale
Unterorganisation der vom Verfassungsschutz beobachteten
Gruppe Milli Görüs sei. Gemeinsam mit dem ehemaligen taz-Journalisten
Eberhard Seidel veröffentlichten die Fernsehleute ihre
Auffassung in der Broschüre "Politik im Namen
Allahs". Störsignale aus dem Wohnzimmer nennen das
manche. Die beiden Mitarbeiter von Aypa TV betrachten es
dagegen als nötige Aufklärung für die Berliner und deren
Immigranten-Gemeinschaft.
Ein hehrer Anspruch für
zwei Leute mit ebenso vielen Digitalkameras. Gemeinsam ziehen
Dantschke und Yildirim aus, um über iranische Tanzgruppen,
Islamismus-Podiumsdiskussionen und türkische
Wirtschaftspreisträger zu berichten. Weil gut zwei Drittel
der Beiträge in deutscher Sprache gesendet werden, hat Aypa
TV nicht nur türkische Fans. Auch viele Menschen arabischer
Herkunft mit Deutschkenntnissen schalten ein. Minimal wie die
Ausstattung ist der Sendeplatz: auf dem lokalen Spree-Kanal täglich
eine Stunde, inzwischen nur noch viermal die Woche. Wegen des
Gelds.
Dabei hatten die
Zuschauer im Mai 1995 einen Förderverein gegründet, um den
Sender mit Spenden zu unterstützen. "Aber es ging
einfach nicht mehr", sagt Claudia Dantschke. "Herr
Yildirim hat sich persönlich verschuldet." Das geht
schnell: Selbst unter Hinterhof-Produktionsbedingungen kostet
eine Fernsehstunde 7500 Euro. Mit Werbeeinnahmen können die
beiden nur das Nötigste abdecken.
Claudia Dantschke hat
sich zumindest persönlich aufgerieben: Jede Sendestunde
braucht mehr als vier Stunden Produktionszeit, dazu kommen die
Drehtermine. "Die ersten fünf Jahre waren hart",
sagt sie, "da gab es nichts Privates. Wir haben unser
ganzes Leben auf den Sender eingestellt." Ein
Vollzeitjob. Dabei arbeitet Claudia Dantschke hauptberuflich
als wissenschaftliche Mitarbeiterin im "Zentrum
Demokratische Kultur", Ali Yildirim ist
Gerichtsdolmetscher.
Die beiden sind ein
merkwürdiges Gespann: Claudia Dantschke, gebürtige
Leipzigerin, studierte Dolmetscherin für Arabisch und Französisch
und arbeitete für die DDR-Nachrichtenagentur ADN. Ali
Yildirim, geboren in Istanbul, ist studierter Druck-Ingenieur
und wohnt seit 1970 in Berlin. Ein adretter, älterer Mann mit
sanfter Stimme und zurückhaltendem Blick. Sie ist jünger, trägt
Jeans und Schlabber-T-Shirt, beschreibt sich als Manager- und
Macher-Typ: "Herr Yildirim ist gewissenhaft, fast
pedantisch." "Claudia ist zuweilen ein wenig
hektisch", entgegnet Ali Yildirim. "Wenn Herr
Yildirim eine Zeitangabe macht", grinst Claudia Dantschke,
"muss man die verdoppeln, dann stimmt sie." Herr
Yidirim sagt: "Wenn wir uns beide ähnlich wären, würde
es nicht so gut klappen."
Inzwischen ist es
neun Jahren her, seit Dantschke und Yildirim beschlossen
haben, die türkische Medienhauptstadt in Deutschland um ein
politisch mitte-links-stehendes Programmfenster zu erweitern.
Um ein inhaltlich anspruchsvolles TV-Format zum Thema
Immigration, das sich selbst 3sat, Arte und Sandra
Maischberger zum Vorbild erklärt. Phönix sieht Claudia
Dantschke als eine Art Brudersender: "Das hat unser
Konzept des dokumentarischen Mitschnitts bestätigt."
Gleich zu Anfang hat
sich der Investigativ-Sender Aypa TV mit dem türkischen
Platzhirschen TD1 angelegt. "Die haben türkisches
Satellitenfernsehen angezapft und unter Missachtung der
Urheberrechte Videos aus der Videothek gezeigt", ereifert
sich Claudia Dantschke. Und: "Wir haben ganz schön
draufgehauen, auch in der türkischen Community." Die
haut manchmal zurück. Da war beispielsweise 1993 die Sache
mit dem Islamisten, der mit dem Ruf "Tod allen Aleviten"
das damalige Büro stürmte und auf einen Mitarbeiter mit dem
Messer losging. Er wollte die Wiederholung eines Berichts über
die Aleviten verhindern. "Andere", sagt Ali Yildirim,
"hätten schon aufgegeben. Ich habe nicht ein einziges
Mal daran gedacht."
[
document info ]
Copyright
© Frankfurter Rundschau 2002
Dokument erstellt am 18.08.2002 um 21:37:03 Uhr
Erscheinungsdatum 19.08.2002
|
UĞUR
MUMCU
Uğur Mumcu ve um:ag - Uğur Mumcu Araştır-macı Gazetecilik
Vakfı için buraya tıklayınız (22.08.42 - 24.01.93)
AZİZ
NESİN Aziz Nesin (20.12.1915 - 06.07.1995) - Aziz
Nesin Vakfı için tıklayınız - Klicken für Aziz Nesin
Stiftung ===>
"Sahte
Tutanak"
TBB
Sözcüsü
Cumali Kangal "Sahte Tutanak" düzenledi mi?
ATT
ve Basın Özgürlüğü
Almanya'daki Türklerin
haklarını savunduğunu
iddia eden
"ATT - Almanya Türk Toplumu -
Türkische Gemeinde in Deutschland - TGD"
isimli derneğin Berlin'deki Genel Kurulu'nda
AYPA-TV'nin çekim yapması Genel Kurul Kararıyla
ENGELLENDİ!!!
ATT
ve TAZ 30.01.1998
AYPA-TV'nin ATT Genel
Kurulu'nda engellenmesinin nedeni 30.01.1998 tarihli taz haberi olabilir mi? Politik
im Namen Allahs
"Politik im Namen Allahs" isimli Claudia
Dantschke, Eberhard Seidel ve Ali Yıldırım'ın yazdığı
kitap
Alman
Lisesi
İstanbul Alman Lisesi ve öğrencileri ile ilgili
bilgiler burada...
|